Die Kennzeichnung von Textilien - Andrea Rechtsteiner
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Die Kennzeichnung von Textilien

Neben Pflegehinweisen finden sich in den Textilien, allen voran in der Bekleidung, oftmals Unmengen an Etiketten in unterschiedlichen Sprachen. Muss das sein? Welche Informationen finden sich dort?

 Die rechtliche Grundlage

Tatsächlich ist der Aspekt der Textilkennzeichnung akribisch geregelt. Das geschieht durch die Europäische Textilkennzeichnungsverordnung – Verordnung (EU) 1007/2011 vom 27.09.2011 (TextilKVO). Sie legt mit ihren Regelungen die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen fest. Damit soll das Funktionieren des Binnenmarkts verbessert und den Verbrauchern zutreffende Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen finden sich deshalb auf den Etiketten in allen Sprachen der EU wieder, damit sie in jedem Mitgliedsstaat verstanden werden.

Trotz der EU-Verordnung, die in den Mitgliedsstaaten direkt gilt, ist in Deutschland am 24.02.2016 ist ein neues Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKennzG) in Kraft getreten. Es schafft im Wesentlichen den Rechtsrahmen für die Durchführung und den Vollzug der TextilKVO.

Die zu kennzeichnenden Erzeugnisse

Der Kennzeichnungspflicht nach der TextilKVO unterliegen alle auf dem europäischen Binnenmarkt bereitgestellten Erzeugnisse, die ungeachtet des Herstellungsverfahrens zu 100 Prozent aus Textilfasern bestehen. Den Textilerzeugnissen gleichgestellt sind u. a. sonstige Erzeugnisse, die einen Gewichtsanteil an Textilfasern von mindestens 80 Prozent aufweisen, wie etwa Hemden, Blusen oder Hosen, mit nichttextilen Teilen, wie Knöpfe oder Reisverschlüsse.

Ausgenommen sind maßgeschneiderte Textilerzeugnisse und solche, die im Lohnauftrag – also ohne Übereignung an Dritte zur entgeltlichen Weiterverarbeitung – weitergegeben werden. Schließlich alle in Anhang V der TextilKVO abschließend gelisteten Textilerzeugnissen, etwa textile Teile von Schuhen, Taschen oder Rucksäcken und etliches mehr.

Zur korrekten Kennzeichnung verpflichtet

ist derjenige, der das Textilerzeugnis in den Verkehr bringt, also das Produkt erstmalig auf dem europäischen Markt bereitstellt. Je nach Fallgestaltung ist das vorrangig der Hersteller oder der Importeur, ggf. aber auch der Händler.

Die Art und Weise der Kennzeichnung

Die Information über die Faserzusammensetzung kann durch Anbringen eines Etiketts oder durch sonstige Kennzeichnung (Nähen, Sticken, Drucken, Prägen) erfolgen. In der Regel erfolgt sie durch Etiketten oder Schlaufen (sog. „Hangtags“). Stets gilt: Die Faserzusammensetzung muss dauerhaft, leicht lesbar, sichtbar und zugänglich sein.

Adressaten der Kennzeichnung

sind nicht allein Endverbraucher privater Natur, sondern genauso gewerbliche Endnutzer oder Käufer.

 Was zu kennzeichnen ist

Die Information über die Faserzusammensetzung – sowie und soweit vorhanden – die Angabe zu nichttextilen Teilen tierischen Ursprungs. Alle anderen Bereiche werden nicht erfasst. Die Pflegekennzeichnung bleibt weiterhin freiwillig und es gibt auch keine verpflichtende Made-in-Kennzeichnung für Produkte (geografische Herkunftskennzeichnung). Zu beachten ist, dass die TextilKVO nicht die Kennzeichnungspflichten anderer rechtlicher Regelungen berührt, etwa die Herstellerkennzeichnung nach § 6 Produktsicherheitsgesetz.

 Zu Kennzeichnen ist in der „Heimatsprache“

Die Fasernamen sind in der Amtssprache des Mitgliedstaats anzugeben, in dem der Verbraucher das Produkt erwerben kann. Dies gilt ebenso für die Kennzeichnung nichttextiler Teile tierischen Ursprungs. Das deutsche TextilKennzG bestimmt explizit, dass die Produkte für den deutschen Markt in deutscher Sprache zu kennzeichnen sind.

 Zulässige Fasernamen

Es dürfen nur die Fasernamen verwendet werden, die in Anhang I der TextilKVO aufgelistet sind, z. B. Baumwolle, Polyurethan, Seide. Andere Faserbezeichnungen, insbesondere Abkürzungen, Synonyme oder Wortverbindungen, wie z. B. Kunstleder, Bio-Baumwolle, Schafwolle, Merinowolle, Naturseide, u. a. sind nicht zulässig. Zusätzliche Angaben dürfen nicht irreführend sein, insbesondere zu keiner Verwechslungsgefahr führen. Sie dürfen lediglich – optisch erkennbar – getrennt von der zulässigen Faserbezeichnung angegeben werden, etwa durch Klammerzusätze, wie z. B. 100 % Wolle. Das gilt auch für Markenzeichen oder Firmennamen wie z. B. Lcyra ® oder T400 ®. Sie dürfen also der Beschreibung der Faserzusammensetzung nur unmittelbar voran- oder nachgestellt werden, etwa „100% Elastomultiester T400®“.

 Reine Textilerzeugnisse

Nur Textilerzeugnisse, die ausschließlich aus einer einzigen Faser bestehen, dürfen mit dem Zusatz „100 %“, „rein“ oder „ganz“ gekennzeichnet werden. Die TextilKVO räumt aber eine gewisse Toleranz ein. Danach sind Fremdfasern mit einem Gewichtsanteil von bis zu 2 %, bei im Streichverfahren gewonnenen Textilerzeugnissen von bis zu 5 % sowie bei Schurwolle von bis zu 0,3% unbeachtlich, wenn diese bei guter Herstellungspraxis technisch unvermeidbar und nicht das Ergebnis einer systematischen Hinzuziehung sind.

 Erzeugnisse, die mehrere unterschiedliche Fasern enthalten

Die Gewichtsanteile der enthaltenen einzelnen Fasern sind stets in absteigender Reihenfolge in Prozent anzugeben (z. B. „90 % Baumwolle, 10 % Polyester“).
Eine Faser, deren Gewichtsanteil bis zu 5 % beträgt, darf als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Mehrere Fasern, deren Gewichtsanteil zusammen bis zu 15 % betragen, dürfen ebenfalls als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Aber: Beides gilt nur unter der Voraussetzung, dass die tatsächliche Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Herstellung schwierig zu bestimmen ist.

Daneben können Fasern, die (noch) nicht im Fasernamen-Katalog der TextilKVO, Anhang I aufgeführt sind, als „sonstige Fasern“ bezeichnet werden. Die Vorschrift erlaubt diese Bezeichnung abweichend von der Regel auch für den Fall, dass der Gewichtsanteil über 5 % bzw. 15 % liegt.

Fasern mit dekorativer Wirkung, die nicht mehr als 7 % des Gewichts ausmachen, brauchen nicht angegeben zu werden. Bei antistatischen Fasern liegt dieser Wert bei 2%. Besteht ein (einheitliches) Textilerzeugnis aus mehreren Komponenten mit unterschiedlichem Fasergehalt ist für jede der Komponenten die Faserzusammensetzung anzugeben. Von dieser Regel kann abgesehen werden, wenn die jeweilige Komponente weniger als 30 % des Gesamtgewichts ausmacht und sie nicht der Hauptfutterstoff ist. Zwei oder mehrere Textilerzeugnisse mit demselben Fasergehalt brauchen nur eine Kennzeichnung, wenn sie nach der Verkehrsanschauung ein einheitliches Ganzes bilden (z. B. Socken).

Was die Toleranzen bei der TextilKVO betrifft, so gilt auch hier: Es dürfen 2 % Fremdfasern im Produkt sein (5 % bei Herstellung im Streichgarnverfahren und 0,3 % bei Schurwolle). Unverändert ist auch die Festlegung einer maximal zulässigen Abweichung vom angegebenen Mischungsverhältnis, die 3% beträgt.

 Weitere Regelungen zu besonderer Kennzeichnung

bestehen für bestimmte Produkte, etwa Miederwaren oder nichttextile Teile tierischen Ursprungs.

 Die Verletzung der Kennzeichnungspflicht

Marktakteure (Hersteller, Importeure oder Händler) sind zur Einhaltung der Kennzeichnungsbestimmungen verpflichtet. Werden Textilerzeugnisse ohne oder mit fehlerhafter Kennzeichnung auf dem Markt bereitgestellt, drohen neben Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro auch die Einziehung der betroffenen Produkte durch die Marktüberwachungsbehörden sowie behördliche Untersagungsverfügungen, z. B. die Untersagung Textilerzeugnisse weiterhin auf dem Markt bereitstellen zu dürfen. Die Marktüberwachungsbehörden sind dafür mit umfassenden Kontrollpflichten (z. B. stichprobenartige Kontrollen) und -befugnissen ausgestattet (z. B. Betretens- und Prüfrechte).

Nicht zuletzt können wettbewerbsrechtliche Konsequenzen drohen. Da es sich bei den Kennzeichnungspflichten nach der TextilKVO um sog. Marktverhaltensregeln im Sinne des Gesetzes gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt, können die verantwortlichen Marktakteure bei fehlenden oder unrichtigen Kennzeichnungen etwa durch „Abmahnungen“ zur Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden.

 

Andrea Rechtsteiner
a.rechtsteiner@andrea-rechtsteiner.de